So wie es Orte eines heimlichen Einverständnisses gibt, so gibt es andere, die gewissen Strategien oder, besser gesagt, gewissen Täuschungsmanövern folgen.

Wie die Sammlung des 49 Nord 6 Est – Frac Lorraine (Fonds régional d’art contemporain de Lorraine) zum Beispiel, die das IKOB mit einer Reihe bedeutsamer Werke aufnimmt, die deren einzigartigen und strategischen Charakter offenbaren. Es geht kurz gesagt darum, Sichtweisen umzukehren, die Unsichtbarkeit und das Empfinden zu zelebrieren und das Verschwinden einzufordern.

In IN/VISIBLE wird die aktuelle Tendenz in der zeitgenössischen Kunstwelt wiedergespiegelt, die angesichts des vom Markt ausgeübten Drucks versucht, alternative Kunstformen zu finden oder neu zu formulieren, welche sich wieder einem Kunstgedanken zuwenden, den wir in den letzten Jahren verloren zu haben scheinen. In einer solchen Perspektive ist die Institution nicht mehr ein Ort des Zelebrierens, der Konsekration, der Legitimation, sondern verwandelt sich in einen Ort des Experimentierens, eine Spielfläche, ein für alle Formen der kritischen Manöver und Arbeitsgänge offenes Feld. Um es mit den Worten von Hubert Damish zu sagen: „Es ist die Zeit gekommen, die Institution auf spielerische Weise zu nutzen, was im Grunde genommen der wahren und beständigeren Praxis in der modernen und zeitgenössischen Kunst entspricht“.

Mit IN/VISIBLE bietet sich dem IKOB die Gelegenheit, eine der derzeit originellsten und engagiertesten Sammlungen in der institutionellen Landschaft zeitgenössischer Kunst zu präsentieren und zugleich seinen eigenen Stellenwert als Museum und die Grenzen seiner Sammlung in Frage zu stellen. Im „Vorwort“ zur Sammlung des Frac Lorraine, die heute aus 758 Werken besteht, heißt es: „Wenn das Frac Lorraine jedes Jahr Werke von namhaften nationalen und internationalen Künstlern sammelt, so tut es dies nicht ohne stets auch den Akt des Sammelns zu hinterfragen. Es wäre in der Tat vereinfachend diese Sammlung auszustellen ohne zu unterstreichen, dass das Frac Lorraine seit mehreren Jahren über die Grenzen einer jeden Sammlung reflektiert und somit als Echo der aktuellen Mittel des künstlerischen Schaffens fungiert. Man kann nicht ignorieren, dass seit den sechziger Jahren ein Teil der Kunst aus dem Bereich der Performance stammt, und dass die Nähe zum Kino immer offensichtlicher wird. Durch dieses Prinzip hat das Frac Lorraine auf selbstverständliche Weise eher Vorschläge zu Werken gesammelt, statt deren greifbare Verwirklichung. Von diesen sind die meisten immateriell (Performance, wieder zu aktivierende Künstler:innenprotokolle) oder stammen aus anderen Disziplinen (Tanz, Kino).“

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Ausstellungsansicht, IN/VISIBLE – Auf der Suche nach dem unsichtbaren Meisterwerk, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Serge Cloot