Ein Ausstellungsprojekt von Leo Vroegindeweij, Ton Slits, Nathalie Brans, Tinka Pittoors, Rick Vercauteren im IKOB-Museum für Zeitgenössische Kunst, Eupen

Into The Void, ist ein Ausstellungsprojekt das das IKOB – Museum für Zeitgenössische Kunst in Ostbelgien zusammen mit dem niederländischen Künstler Ton Slits und dem Kurator Rick Vercauteren initiierte, um gemeinsam mit den beteiligten Künstler:innen Leo Vroegindeweij, Ton Slits, Nathalie Brans und Tinka Pittoors über die Zukunft und Relevanz künstlerischer Praxis im Medium der Ausstellung nachzudenken. Dieses Nachdenken geschieht vor dem Hintergrund turbulenter Zeiten, die voller Herausforderungen an uns als Individuen und als Gesellschaft sind. Die Frage, die wir uns stellen lautet, wie können Künstler:innen und Kurator:innen gemeinsam auf unhierarchische Art und Weise zu Ergebnissen kommen, die sowohl eingestaubte Formate von Ausstellung hinterfragen, als auch nachvollziehbare Ergebnisse für die Besucher:innen erlebbar machen.

Als Grundlage unserer gemeinsamen Überlegungen steht die Erkenntnis, dass der ehemals häufig mit der Kunst in Verbindung gebrachte Begriff der Fülle hinterfragt werden muss, um zu neuen Lösungen zu kommen. Der Überfluss an Kreativität, das Überborsten an Ideen, das unausgeschöpfte kreative Potenzial, all das sind Vorstellungen von Kunst, die mit einer naiven Wachstumsideologie verbunden sind, die einerseits wenig Platz für eine kritische Selbstbefragung bieten und andererseits die Kunst in die Geiselhaft des „immer mehr“ genommen hat. Unser kooperatives Ausstellungsprojekt konzentriert sich daher auf eine andere Denkfigur, die in den letzten Jahrzehnten vor allem durch die Psychoanalyse Jaques Lacans und die von ihm geprägte Philosophie Slavoij Zizeks stark gemacht wurde – die Leerstelle (the void).

Wir bauen dabei zunächst ganz pragmatisch auf einer Ausstellung der oben genannten Künstler:innen und Kurator:innen in De Cacaofabriek in Helmond (Niederlanden) auf, um ihnen eine vertiefende Erweiterung der damals gewonnenen Ideen zu ermöglichen. Es handelt sich nicht um die zweite Station einer Ausstellungstournee mit denselben Werken, denselben Künstler:innen und den selben Texten. Stärker als in Helmond möchten wir den individuellen Umgang der Künstler:innen mit der Leerstelle konstruktiv nutzen und die freimütige Selbstauslieferung der Künstler:innen an diese Leere als Vorbild für aktuell dringend notwendige Problemlösungen zur Diskussion stellen. Into The Void ist daher als optimistische Aufforderung zu verstehen, sich derselben Unsicherheit auszuliefern, um eventuell zwischen den Sicherheiten etwas zu finden, was mehr wiegt als Sicherheit. Was das genau das ist, soll im Lauf der Zusammenarbeit herausgefunden werden.

Das künstlerische Subjekt findet die Leerstelle zunächst durch die kritische Selbstbefragung, die am Anfang aller Kreation steht. Künstler:innen navigieren von jeher durch eine innere, leere Wüste, um darauf etwas Sinnhaftes zu schaffen. Dieser künstlerische Prozess wurde bereits oft mit Chaos (ebenfalls ein rhetorischer Agent der Fülle) in Verbindung gebracht. Diese verbreitete Idee ist weniger Klischee als ein Nachhall vormoderner Philosophie, die sich auch ein vor-universales Chaos und die Erfahrung des horror vacui ausgedacht hatte, um zu Beschreiben wie Menschen zu Erkenntnis gelangten. Da die Idee des Chaos aufgeladen ist mit falschen Annahmen wollen wir stattdessen die Leerstelle aktivieren, um zu einem besseren Verständnis künstlerischer Erkenntnisprozesse zu kommen.

Wenn wir im Rahmen dieses Projekts von Leerstellen sprechen, meinen wir tatsächlich den Zwischenraum, der sich neben den bekannten Systemen am Rand und an den Schnittstellen manifestiert. Wir sehen ihn als das unbekannte Terrain, auf dem die interessantesten Ergebnisse erzielt werden. Künstler:innen sind für uns Zwischenraumforscher.

Als solche hat das IKOB sie eingeladen eine Ausstellung zu entwickeln, die ausgehend von Werken ihrer jahrelangen Kunstpraxis einen Zugang zu ihrer „Zwischenraumforschung“ anbietet. Die Ausstellung sucht nach Kunstwerken, die eventuell sprichwörtlich „am Rand“ stehen, die eher ungewöhnlich oder besonders sind für die jeweiligen Künstler:innen, um sie – und damit die Besucher:innen – auf die Leerstellen in den jeweiligen Werken hinzuweisen.

In einem prominenten Raum der Ausstellung, den wir bewusst als Leerstelle und als Zwischenraumlabor konzipierten, sind die Künstler:innen zudem eingeladen einen Ort der Begegnung und des gegenseitigen Lernens zu schaffen, der alles sein kann: Ausstellungsraum, Labor, Rückzugsort, Workshopareal, Kaffeeküche, Konzertraum oder Kino. Hier können die Künstler:innen genau die Leerstelle nutzen, die ihnen sonst verwehrt bleibt. Der überschüssige Raum, der sich dadurch öffnet, soll jedoch nicht final gestaltet, sondern als konstante Herausforderung immer wieder neu bespielt werden. Um ihn als Leerstelle offen zu halten setzen wir auf Flüchtigkeit, Veränderung und Kurzfristigkeit und hoffen, dass dabei eine Projekt entsteht, dass Kunstbetrachtung und Kunstproduktion als ein notwendigerweise gemeinschaftliches Projekt versteht.