Seit seinen Anfängen verleiht das IKOB – Museum für Zeitgenössische Kunst alle drei Jahre einen Kunstpreis. 2019 wurde der Preis zum ersten Mal mit einem explizit feministischen Schwerpunkt versehen. Auch im Jahr 2022 verfolgt das IKOB diese Ausrichtung für den ersten Kunstpreis seiner Art weiter.

Der IKOB – FEMINISTISCHER KUNSTPREIS 2022 soll künstlerischen Stimmen Gehör verschaffen, die in der zeitgenössischen Kunstwelt und in der Gesellschaft insgesamt weniger Gewicht haben. Der Preis stellt die offene Frage, was Feminismus in all seinen Formen für heute arbeitende Künstler:innen bedeuten könnte, und fördert Kunstschaffende, deren Arbeiten unsere Realität neu denken. Die sechs nominierten Künstler:innen des Kunstpreises 2022 sind: Daniela Bershan, Jieun Lim, Sandrine Morgante, Marnie Slater, Céline Vahsen, und Puck Verkade. Alle Nominierten sind Teil der Preisausstellung im IKOB.

Die Jury, bestehend aus Paula van den Bosch (Chefkuratorin, Bonnefantenmuseum, Maastricht, NL), Anastasia Chaguidouline (Künstlerische Leitung, Cercle Cité, LU), Els Roelandt (Redakteurin, KIOSK, Gent, BE) und Nadia Vilenne (Galeristin, Lüttich, BE) wählte außer den nominierten Künstler:innen auch die drei Gewinnerinnen aus, welche bei der Vernissage am 24. Juni 2022 verkündet wurden:

Den ersten Platz belegt Marnie Slater. Eine Künstlerin aus Neuseeland, die sich mit feministischer und queerer Geschichte auseinandersetzt. Die im IKOB ausgestellte Serie von Gemälden Le Madame (Brussels 1981–1983) ist inspiriert von einer zwischen 1981 und 1983 in Brüssel aktiven lesbischen Bar mit dem gleichen Namen. Slater lebt und arbeitet in Brüssel und ist dort Mitgründerin von „Mothers & Daughters“, einer lesbischen und trans Bar, dessen Räumlichkeiten in der Ausstellung im IKOB durch Wandmalereien nachempfunden werden. Der erste Preis besteht aus einem Geldpreis in Höhe von 10.000€.

Der zweite Platz ging an Jieun Lim. Die multimediale Installation der koreanischen Künstlerin mit dem Namen Hunter’s Room setzt sich mit den Themen Fortpflanzung, Mutterschaft, Konservation und Tradition auseinander. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Düsseldorf. Der zweite Preis besteht aus einem Geldpreis in Höhe von 7.500€.

Der dritte Preis, mit dem traditionell ein(e) Künstler:in aus Ostbelgien unterstützt wird besteht aus 1.500€. Er ging an die in Malmedy geborene Céline Vahsen. Der Ausgangspunkt für ihr Werk ist das kulturelle Erbe von Stoffen als Medium. Mit einer zeitgenössischen Herangehensweise erforscht sie Techniken, die in traditioneller Textilproduktion verankert sind.

Die Ausstellung präsentiert des Weiteren Arbeiten der anderen Finalistinnen Daniela Bershan, Sandrine Morgante und Puck Verkade. Bershan interpretiert in ihrer Installation OCEAN alltägliche, Handlungen als sinnlich und bedeutungsvoll und konzipiert diese Arbeit so als kollektiven, experimentellen und spirituellen Moment. Die dazugehörige Performance ist zur Finissage der Ausstellung am 25.09.2022 zu sehen. In Puck Verkades Film Unborn folgt der Betrachtende einer verwirrten Taube beim Bau ihres Nests, die über ihre potenzielle Rolle als Mutter nachdenkt und so das empfindsame Thema der reproduktiven Rechte thematisiert. Sandrine Morgantes Arbeit Taalbarrière lässt durch spielerische Zeichnungen die kulturellen, psychologischen, sozioökonomischen und geografischen Bestimmungen der belgischen Sprachgemeinschaften zum Vorschein kommen.

DANIELA BERSHAN (*1980, DE, lebt und arbeitet in Brüssel, BE) alias Baba Electronica ist eine Künstlerin, DJ und unabhängige Forscherin, die sich mit Beziehungsstrukturen und der Politik der Intimität beschäftigt. Daniela hat FATFORM (NL) mitbegründet und geleitet und ist Mitbegründerin und Mitorganisatorin von ELSEWHERE & OTHERWISE im Performing Arts Forum (FR). Ihre Arbeiten und Kollaborationen wurden auf der 29. Sao Paulo Biennale (BR), De Appel Arts Centre (NL), MaerzMusik (DE), KunstenfestivaldesArts (BE), Berlin Art Week (DE), W139 (NL), Portikus (DE), NAS Gallery Sydney (AU), Capacete (BR), Paradiso (NL), Oslo Internasjonale Teaterfestival (NO), Dansehallerne (DK), MDT (SE), Le CentQuatre (FR), Centre Pompidou Kanal (BE), CentroCentro (ES), Tempo Festival (BR) und Triennale Luxembourg (LUX).

JIEUN LIM (*1983, Republik Korea, lebt und arbeitet in Düsseldorf, DE) schloss im Jahr 2018 ihr Studium als Meisterschülerin von Dominique Gonzalez-Foerster an der Kunstakademie Düsseldorf ab und gewann den von der Peter-Michael Engel Stiftung verliehenen Graduiertenpreis. Zu ihren jüngsten Einzelausstellungen gehören: Scallops #2, Premiere, Collaboration of Ermes-Ermes x LC Queissier, Tiflis, Georgien; RGB: Return to the gate following B, Galerie Ermes-Ermes, Wien; Yellow Time/Dilemma Zone, Kunstakademie Düsseldorf; Aktuelle Gruppenausstellungen: Illuminating, Screening-Programm, Lugano, Schweiz, 'cu-cu-rru-cu-cu' Bloom, Düsseldorf; Noir, Sonnenundsolche, Düsseldorf; Polke und die Folgen. Neuerwerbungen, Akademie Galerie-Die Neue Sammlung, Düsseldorf; Planet 58, K21 Kunstsammlung Museum Düsseldorf; Appearing Unannounced, Rirkrit Tiravanija's Studio, Chiangmai; The crust repeatedly rises and falls, Shinhan Gallery, Seoul; Coop, Bangkok Biennial, Bangkok.

SANDRINE MORGANTE (*1986 in Lüttich, lebt und arbeitet in Brüssel, BE) wuchs auf dem Land in der Nähe von Lüttich auf, studierte an der Zeichenabteilung von La Cambre in Brüssel, BE, und war dort als Lehrassistentin und Dozentin tätig, bevor sie eine Residency am HISK in Gent, BE, begann. Ihre Arbeiten wurden in belgischen Institutionen wie dem WIELS, dem Art Contest, dem Musée de la Boverie, der Space Collection und als Beiträge in Magazinen wie Archivio, Revue Roven, Kluger Hans und Tim gezeigt. Ihre Zeichnungen, die sich mit Literatur, Schrift und dem Sprechen beschäftigen, sind die Fortsetzung von Handschriften, die die Stimmen ihrer Tonstücke oder Erinnerungen an Dialoge widerspiegeln.

MARNIE SLATER (1980 in Aotearoa, NZ, lebt und arbeitet in Brüssel, BE) umfasst mit ihrer künstlerischen Praxis eine pluralistische Arbeitsweise, die eine transdisziplinäre Solopraxis, Unterricht, langfristige Kollaborationen, Selbstorganisation, Schreiben, Veröffentlichen und Forschung umfasst. In ihrer Solo-Praxis arbeitet sie mit queeren und feministischen 'her/their/his/stories' aus persönlichen und institutionellen Archiven, um die Art und Weise zu erforschen, wie die komplexen Praktiken und Leben von queeren und feministischen Künstlern die historischen Narrative von Kunst und Autorschaft herausfordern, ihnen widerstehen und sie verändern können. Neben ihrer Soloarbeit ist Slater Ko-Kuratorin von Buenos Tiempos, Int. und Teammitglied von Mothers & Daughters - A Lesbian and Trans Bar. Sie war eine der Haupttutorinnen des Master of Voice-Programms am Sandberg Institute in Amsterdam und unterrichtet derzeit im Rahmen des AdMa-Programms an der St. Lucas School of Art in Antwerpen, wo sie auch ein Forschungsprojekt über Prozesswerkzeuge für queere und feministische Zusammenarbeit durchführt.

CÉLINE VAHSEN (*1987 in Malmedy, BE, lebt und arbeitet in Brüssel) ist Künstlerin und unterrichtet an der KASK, School of Arts, in Gent, in der Textilabteilung. Nach ihrem Studium der bildenden Kunst an der École Supérieure des Arts St-Luc in Brüssel, der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Luzern und der HAW in Hamburg erwarb Céline Vahsen 2013 ihren Master-Abschluss in der Textilabteilung der École Nationale Supérieure des Arts Visuels de La Cambre in Brüssel. Ihre Arbeiten wurden in Belgien, Deutschland und der Schweiz ausgestellt. Sie war unter anderem Artist in Residence bei Académie des savoir-faire - Fondation Hermès, Fondation CAB, iMAL - Art Center for Digital Cultures & Technology, Villa Empain - Boghossian Foundation. Der Ausgangspunkt von Vahsens Arbeit ist das kulturelle Erbe des Mediums Textil. Mit einem zeitgenössischen Ansatz erforscht sie Techniken, die in der traditionellen Textilherstellung verwurzelt sind. Ihre technische Forschung umfasst verschiedene Referenzen und Traditionen aus geografisch verstreuten, hybriden Kulturen sowie Bräuche aus verschiedenen Epochen der Geschichte des Webens.

PUCK VERKADE (*1987, NL, lebt und arbeitet in Berlin, DE und Den Haag, NL) erhielt ihren BFA von der Königlichen Kunstakademie in Den Haag und absolvierte einen MFA in Bildender Kunst an der Goldsmiths in London. Ihre Arbeiten wurden an verschiedenen internationalen Ausstellungsorten gezeigt, wie der Artissima Art Fair in Turin, dem Wroclaw Contemporary Museum in Polen, dem Kunstmuseum in den Niederlanden und der LISTE Art Fair in Basel. Sie wurde für 2017-2018 als Resident Artist bei Sarabande The Lee Alexander McQueen Foundation in London ausgewählt. Verkades Arbeiten befinden sich international in privaten und öffentlichen Sammlungen. Im Jahr 2021 erhielt sie den Charlotte Koehler Preis des Prins Bernhard Kulturfonds in den Niederlanden. Ihre Arbeit wird auf der 16e Biennale de Lyon zu sehen sein: Manifesto Of Fragility.

Verknüpftes Bulletin

Le Bulletin № 13
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Ausstellungsansicht, Puck Verkade, Unborn, 2021, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Puck Verkade, Unborn, 2021, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Puck Verkade, Unborn, 2021, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Puck Verkade, Unborn, 2021, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Sandrine Morgante, Taalbarièrre, 2021, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Sandrine Morgante, Taalbarièrre, 2021, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Céline Vahsen, Untitled, 2020-2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Céline Vahsen, Untitled, 2020-2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Céline Vahsen, Untitled, 2020-2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Daniela Bershan, FINITE ∞ DIRTY, 2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Daniela Bershan, FINITE ∞ DIRTY, 2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Daniela Bershan, OCEAN, 2020 - present, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Jieun Lim, Hunter's Room, 2021-2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Jieun Lim, Hunter's Room, 2021-2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Puck Verkade, Unborn, 2021, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Jieun Lim, Hunter's Room, 2021-2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Sandrine Morgante, Taalbarièrre, 2021, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Marnie Slater, Mothers & Daughters – A Lesbian and Trans Bar (Brussels, 2017–2019), Le Madame (Brussels 1981-1983), 2019–2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Marnie Slater, Mothers & Daughters – A Lesbian and Trans Bar (Brussels, 2017–2019), Le Madame (Brussels 1981-1983), 2019–2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Marnie Slater, Mothers & Daughters – A Lesbian and Trans Bar (Brussels, 2017–2019), Le Madame (Brussels 1981-1983), 2019–2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Marnie Slater, Mothers & Daughters – A Lesbian and Trans Bar (Brussels, 2017–2019), Le Madame (Brussels 1981-1983), 2019–2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Lola Pertsowsky

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Ausstellungsansicht, Daniela Bershan, OCEAN 2020-present, Performance September 2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Paul Trienekens

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Ausstellungsansicht, Daniela Bershan, OCEAN 2020-present, Performance September 2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Paul Trienekens

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Ausstellungsansicht, Daniela Bershan, OCEAN 2020-present, Performance September 2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Paul Trienekens

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Ausstellungsansicht, Daniela Bershan, OCEAN 2020-present, Performance September 2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Paul Trienekens

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Ausstellungsansicht, Daniela Bershan, OCEAN 2020-present, Performance September 2022, © IKOB - Museum für Zeitgenössische Kunst, Foto: Paul Trienekens